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Überlebende der „Titanic“

Nach Dienstschluss ist das Stadttheater Osnabrück seine Bühne. Schulsozialarbeiter Daniel Bölte singt und tanzt noch ein paar Monate im Musical „Titanic“. Für das gefeierte Stück hatte er gleich zwei Oberschüler aus dem 6. Jahrgang als Darsteller ins Boot geholt.

 Er spielt die Rolle des Vierten Offiziers. Bölte steht mit seinen Kollegen der Schiffscrew auf der Brücke weit über dem Fußvolk und singt in schneidiger Uniform. So erlebten ihn bis Anfang Juni die Zuschauer von 16 Vorstellungen und alle, die den Trailer auf der Theaterhomepage anklickten. Die Wiederaufnahme in der kommenden Spielzeit garantiert „Titanic“-Abende bis Dezember.

Daniel Bölte hat eine Menge Erfahrungen mit Produktionen am Domhof. Er kam vor einem Jahrzehnt über seine Expertise als Formationstänzer auf Leistungsniveau zu den Engagements.

Für die Darstellung eines jungen Passagiers brachte Bölte den Schüler Kjell Friedrich aus Klasse 6b ans Theater. Der spielt ein Kind aus der ersten Reiseklasse. Als der Regisseur einen weiteren Jungschauspieler für die dritte Reiseklasse suchte, fiel Kjell sein Kumpel Ole Houlali aus der 6c ein. Die beiden Zwölfjährigen sind die einzigen Kinder in der “Titanic“-Kulisse. Eine Sprach- oder Gesangsrolle haben sie nicht. „Auch ohne Mikro singe ich mit“, strahlt Ole, „mein Lieblingslied ist ‚Kein Mond, kein Wind‘“.

Sie flitzen zwischen dem Pulk erwachsener Passagiere hin und her oder kämpfen an Deck mit Spielzeugschwertern. Drei Stunden dauert jede Vorstellung, los geht es um 19.30 Uhr. Insgesamt sechs Mal kommen die beiden auf die Bühne. „Wir kennen das Stück auswendig und wissen, wann wir rausmüssen“, sagen sie. Die Zeit zwischendurch vertreiben sie sich in der Theaterkantine.

„Quick changes“ als Herausforderung
Für Bölte ist es wesentlich stressiger. Er spielt nicht nur den Offizier Joseph Boxhall, sondern auch einige Dampfergäste. Für ihn, der trotz vollstem Haar im Musical eine Perücke trägt, stehen fünf Kostümwechsel an. „Die dürfen zum Teil nur 90 Sekunden dauern. Für den Gang in die Garderobe ist da keine Zeit.“ So bleibt fürs Umziehen nur ein kleiner Bereich direkt neben den Scheinwerfern. Im Fachjargon heißt das „quick changes“.

Die Ensemble-Kombination aus Schülern und Schulsozialarbeiter haben schon mehrere Belmer Lehrer aus den Publikumsreihen beklatscht: Irina Bröcker, Dagmar Eilermann, Jana Franz, Seher Kaynak, Benjamin Kögler, Britta Leidecker, Kristin Münstermann, Gabriele Stagge, Alexander Vehring, Jens Weinert, Serpil Worst und die Didaktische Leiterin Christiane Alberts.

Kjell bald mit neuer Rolle
Für Kjell Friedrich ist das Musical “Titanic“ erst die Spitze des schauspielerischen Eisbergs. Ein Folge-Engagement ist ihm fast sicher: ab 2024 in der Britten-Oper „Peter Grimes“. „Dort spiele ich wohl den Lehrling auf einem Fischerboot, eine richtige Sprechrolle“, freut sich Kjell. Die stellt eine ganz neue Herausforderung dar, denn anders als auf der „Titanic“ hat der Fischkutter keine Rettungsboote. Kjell wird bei den Proben nun doch die Darstellung des Ertrinkens üben müssen.