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Lernen in der Spielerkabine

Im VIP-Bereich blieb der Kühlschrank mit dem Logo des Biersponsors leer. Für ein Seminar der „Präventionswoche“ wäre alles andere auch nicht angemessen gewesen.

Der VfL Osnabrück hatte den Belmer Zehntklässlern Wasser und Säfte bereitgestellt. „Diskriminierung und politische Einflüsse im Fußball“ war das Thema am „Lernort Bremer Brücke“.

Schulsozialarbeiter Daniel Bölte entwickelte „Präventionswoche“
Bevor es sich die Jugendlichen auf den Designerstühlen bequem machen durften, stand ein Erkundungsgang durchs Stadion an. Begleitet von den Klassenlehrerinnen Karen Fergurson und Gaby Ehebrecht, hatten die Seminarleiter des Fanprojekts den Jugendlichen einen klaren Auftrag mitgegeben: „Findet Botschaften von Fans. Sei es als Aufkleber an der Begrenzung oder Graffiti auf den Treppen.“ Ziel des Vormittags sollte sein, mehr über Diskriminierungen im Fußball und politische Einflüsse in Fankurven zu erfahren. „Fußball ist ein Spiegelbild der Gesellschaft. Unser Sport steht symbolisch für Vieles was wir erleben“, sagte Lisa Roggenkamp vom Fanprojekt, die mit Marcel Seifert und Luca Carecci durch den Vormittag führte, „das

Stadion macht das Thema für die Schüler greifbarer und ist näher an deren Lebensrealität. Es hat auch eine Türöffnerfunktion.“ Auch darum wählte Daniel Bölte, Schulsozialarbeiter an der OBS Belm, das Stadion als außerschulischen Lernstandort aus. Böltes Antrieb: Sensibilisierung für das Thema, Diskriminierung erkennen und mutig dagegen Stellung beziehen. „Sowohl in der Schule als auch in der Freizeit“, wünscht er sich. Schon zum 4. Mal hat Bölte die „Präventionswoche“ konzipiert. Dabei unterstützen ihn die Schulsozialarbeiter Nadine Mennewisch, Irena Schönfeld und Alexandra Meyer zu Natrup. Die Klassen 5 bis 9 bearbeiteten altersgerechte Schwerpunkte im Schulgebäude.

Von guten und schlechten Botschaften
„Wir haben im VfL-Fanblock ‚LGBTQ‘-Aufkleber entdeckt und im Gästebereich polizeifeindliche ‚ACAB‘-Sticker“, berichtete Joel Wagenleitner. An mehreren Stellen hätten auch „Sprüche gegen Nazis“ geklebt, so Maja Diehl. Negativbeispiele präsentierte Roggenkamp, die dem Aufsichtsrat des VfL Osnabrück angehört, mit Archivfotos per Beamer. Fans aus Rostock hätten Beton mit „Heil Hansa“ besprüht. „Das ist inzwischen übermalt worden“, berichtete sie. Marcel Seifert vom Fanprojekt hat aber auch positive Beispiele im Bild und zeigt den Slogan „Love VfL – Hate Racism“. Das würden inzwischen etliche Fangruppen auf ihren eigenen Verein übertragen. Das Trend-Thema der letzten Fußball-EM visualisierten die Seminarleiter ebenfalls. „Footballfans against homophobia“ ist das Motto eines Fotos auf dem sich unter einem Regenbogen jeweils Männer- und Frauenpärchen küssen.

Botschaften an die Spieler
Dann durften sich die Belmer zu zweit ein Plätzchen in den Katakomben der Nordtribüne suchen, um sich Antworten auf die Frage „Was soll es in Stadien und in der Gesellschaft nicht mehr geben – und was können wir dagegen tun?“ zu überlegen.

Ali Azzam und Kadir Akpinar hatten sich für die Arbeitsphase an einen besonders begehrten Ort verzogen. In der Spielerkabine formulierten sie ihre Thesen. Andere Schüler schauten dort neugierig vorbei und hinterließen auf Papier motivierende Botschaften für die Drittligakicker. „Die lassen wir in der Kabine, die sammeln wir nicht ein“, versprach Roggenkamp, „eure Nachrichten sollen die Spieler ruhig mal lesen“.