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„Explosionen brauchen wir nicht“

In Klasse 5a gibt es junge Regie-Talente. Wenige Wochen nach Einführung des iPads erstellten sie Lernvideos zu verschiedenen Themen der Fächer Erkunde und Mathematik. Spielereien sind das nicht, weil Lehrer André Rummeleit klare Vorgaben macht. Das führt zu erstaunlichen Erfolgen.

 „Einen Film selbst zu drehen ist schon aufregend“, sagt Kiana Meise (11), „und in Gruppen zu arbeiten macht Spaß“. Für die Erklärfilme teilt Rummeleit seine Schüler meist in Dreierteams ein. Das entspricht dem Ideal für die Rollenverteilung innerhalb der Gruppe. Es gibt jeweils einen Verantwortlichen für die Kamera, einen Sprecher und die Regie. Der festgelegte Ablauf macht die Koordination leichter. Dazu gehören die interne Auswahl der Rolle, das gemeinsame Verfassen des Drehbuchs bis zum eigentlichen Dreh der Sequenzen, dem anschließenden Schnitt und der eventuell notwendigen Nachvertonung.

„Gewöhnt euch an, im Video langsam zu sprechen“, mahnt Rummeleit, „und wenn im Hintergrund die Pausenklingel tönt, ist das auch in Ordnung. Dann geht das eben nicht anders“. Rummeleit ist Klassenlehrer der 5a und an der Oberschule Belm mit seiner Kollegin Britta Leidecker zuständig für die Verwaltung der iPads. In den letzten Monaten haben die beiden insgesamt 120 der Apple-Produkte für Schüler und Lehrer eingerichtet.

Zum Ende ein Merksatz
Im Erdkunde-Unterricht gab Rummeleit bei der 5a die ersten Lernvideos zu Themen wie der Landeshauptstadt Hannover oder Ebbe und Flut in Auftrag. Jetzt, in Mathematik, sollen sie Phänomene der Geometrie darstellen. „Zu Beginn müsst ihr benennen, worum es überhaupt geht. Am Ende fasst ihr das Gelernte in einem Merksatz zusammen. Und immer die Fachsprache verwenden. Wenn ihr eine Parallele zeichnet, solltet ihr auch von einer Parallele sprechen.“

Im Hintergrund, oder wie die jungen Filmemacher sagen, „auf der Tonspur“, darf Musik gelegt werden. Rummeleit gibt dazu einen wichtigen Tipp: „Wenn ihr eine Gerade erklärt, kann die Musik im Hintergrund stören. Ihr werdet so nicht verstanden. Zu Beginn solltet ihr auf keinen Fall mit Musik losballern und Explosionen brauchen wir in Lernvideos schon gar nicht.“

 

Flink mit dem Schnittprogramm

Für Ideen brauchen die meisten in der 5a keine Unterstützung. Die Kreativität kennt offenbar keine Grenzen. Emma Meyer, Artur Hermann und Emily Gemba haben daheim einiges vorbereitet. Sie wollen die Eigenschaften einer Senkrechte erklären. In die Schule bringen sie nun selbstgemalte Figuren mit, die ihr Filmteam darstellen. Wie in einem Zeichentrickfilm arbeiten sie mit der Start-Stopp-Funktion. Für die Sprachaufnahme brauchen alle Gruppen Ruhe. So hat Rummeleit in seiner Vorbereitung nach freien Klassenräumen gefahndet, in die sich die Teams für die reine Produktionsphase 20 Minuten lang zurückziehen dürfen. Emma, Artur und Emily mögen keine trockenen Erklärungen. Eine ihrer Figuren stellt einen Mitschüler dar, der immer mal zu spät in den Unterricht kommt. Diese Marotte machen sie zum Gag und stellen ihn im Video der Senkrechten voraus. „Das macht alles witziger“, weiß Emily. Sie hat die verschiedenen Szenen mit den Figuren aufgenommen und schneidet daraus den Film. Das gelingt Emily mit der App „CapCut“ recht schnell. Ihre Finger fliegen über den Touchscreen. Sie kennt das von TikTok. „Zuhause schneide ich viele Edits und Videos. Das ist mein Hobby“, berichtet Emily, „ich veröffentliche aber nichts mit meinem Gesicht“.

Ihr gefällt an den Lernvideos in Rummeleits Unterricht, dass sie hier eigene Ideen einbringen könne. „Sonst sind viele Sachen vorgegeben. Hier können wir selbst erklären. Das ist besser als jede Klassenarbeit.“