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„Das ist kein Mini-Bagger“

Schulleiter Phil Cummins zögert etwas. Er steht mit sechs Schülern am Abschlag einer Bahn und beobachtet, wie sie den Ball in einen etwa 70 Meter entfernten Kreis treffen sollen. Dann kommt bei ihm der leidenschaftliche Golfspieler durch und Cummins bittet einen Zehntklässler: „Anthony, gib mal den Schläger her.“ Der Brite trifft mit den ersten beiden Versuchen das markierte Ziel.

Golfspielern wird eine gewisse Eitelkeit nachgesagt. So elegant wie Cummins abschlägt, könnte auch er mit hoch erhobener Nase über den Platz schreiten. Cummins begleitet Woche für Woche sechs Oberschüler in der AG „Schulgolf“ zum feinen „Osnabrücker Golfclub“ (OGC). Dafür hatte er beim „Deutschen Golf Verband“ Fördermittel beantragt und erhalten. Das Programm heißt „Abschlag Schule“. Sogar bei Eiseskälte und Regen trainieren sie – mit einem Golfsimulator im Klassenraum. Auf diese Weise sind die Mitglieder der AG spielerisch gut durch den Winter gekommen.

Service vom Lehrer
Inzwischen machen sie beachtliche Fortschritte. OGC-Trainer Peter Martin begleitet die Schüler jede Woche und lässt sie nach einem Aufwärmprogramm mit dem „Eisen 6“ nun Schläge aus dem „Bunker“ trainieren. Dieses Hindernis ähnelt einem Sandkasten. Anthony Scheuermann macht das ordentlich, lässt das Eisen jedoch zu tief durch die Körner gleiten und wirbelt eine Menge Sand auf. „Das ist kein Mini-Bagger“, korrigiert ihn Cummins. Dann greift ausgerechnet der Pädagoge zur Hake und zieht die Fläche vor dem Schüler wieder glatt. „So einen Service vom Lehrer gäbe es in England ganz sicher nicht“, lacht der aus Northamptonshire stammende Peter Martin.

Olesia schlägt am weitesten
„Es ist schon krass, wie Herr Cummins spielen kann“, sagt Anthony. Er selbst schafft bereits 100 Meter weite Schläge. „Das ist dann schon ein Hochgefühl.“ Anthony hatte nach der Empfehlung eines Freundes die AG „Schulgolf“ gewählt.

Stilistisch ist Oberschülerin Olesia Oliinyk klar vorne. Und weil ein guter Schwung für Weite sorgt, schafft die 14-Jährige mit dem Holz inzwischen Abschläge von bis zu 180 Meter. Seit ein paar Monaten ist Olesia Mitglied beim OGC und den enormen Fortschritt verdankt sie der Teilnahme an Peter Martins wöchentlichem Jugendtraining. Die Achtklässlerin absolvierte im April sogar das zweiwöchige Betriebspraktikum beim OGC. „Ich durfte im Golfshop und im Büro helfen, aber auch Peter Martin beim Training assistieren“, berichtet Olesia. Beim OGC hat die Schülerin aus der 8O2 neue Freundinnen gefunden. Dass sie beim Schulgolf die Kugel nun deutlich weiter peitscht als die Jungs, das findet sie „cool“. Nun legt sie sich den Ball für den Abschlag zurecht, macht vier Probeschwünge, trifft exzellent und strahlt.

Lernfortschritt nicht zu übersehen
„Die Schüler sind nach ein paar Monaten in der Lage selbständig zu spielen und verletzen niemanden. Die haben von jedem Schlag genug mitbekommen: Pitchen, Chippen und Putten“, sagt Martin. Sie würden auch die Regeln kennen. Dazu gehöre nicht nur die reine Punktelehre, sondern auch Etikette auf dem Platz. „Theorie streuen wir immer mal wieder ein.“ Für Martin seien die Verhaltensregeln auch Lernen fürs Leben. „Im Golf sind Selbstdisziplin und der respektvolle Umgang miteinander unverzichtbar.“

Bitte etwas flotter
„Wir sammeln ein und spielen noch drei Löcher auf dem Übungsplatz“, bittet der Trainer die Belmer aus dem „Bunker“ heraus. Dann trödeln die Schüler zwischen den Schlägen. Martin geht es trotz aller Fortschritte zwischen den Schlägen zu langsam. „Auf der Profi-Tour gibt es für Zeitspiel empfindliche Geldstrafen“, warnt er, „auf der Anlage müsst ihr immer ‚ready to play‘ sein- Ihr wisst doch, was das heißt?“. Nun reagiert Anthony Scheuermann ultra-schnell: „Na klar verstehe ich das. Ich habe gerade in der Englisch-Abschlussarbeit eine ‚2‘ geschrieben.“