„Belm hat engagiert in Bildung investiert“
Er plante das Erweiterungsgebäude der Oberschule Belm. Architekt Wilhelm Pörtner aus Hilter brachte dafür seine Erfahrung mit etlichen Bildungsbauten ein. Der Inhaber der Architektengesellschaft Ahrens + Pörtner spricht hier über helle Flure, dunkle Ecken und die Vorzüge der Lage am Heideweg.
Herr Pörtner, lichtdurchflutete Gänge, bodentiefe Fenster und taghelle Klassenzimmer. Sitzen wir bald mit Sonnenbrille im Unterricht?
Die Sorge müssen sie nicht haben (lacht). Alle Räume haben Raffstore-Anlagen, also außenliegende Jalousien, die man für mehr oder weniger Lichteinfall steuern kann. Die Lehrer erhalten für die Schalter einen Schlüssel, damit niemand daran herumspielen kann.
Viel Glas bedeutet viel Putzaufwand und damit auch Unterhaltungskosten. Es war sicher nicht so einfach, die Gemeinde Belm für so viel Glas am Bau zu überzeugen?
Das Glas war Bestandteil des Wettbewerbskonzeptes. Diese Planung ist von allen Beteiligten positiv bewertet worden. Es war also ausdrücklich gewollt, dass wir eine transparente und helle Schule bauen. Bei öffentlichen Gebäuden wird immer mehr darauf geachtet, dass es keine dunklen Ecken gibt. Das hängt natürlich auch vom Standort ab. Rund um die OBS Belm gibt es viel Grün. Das ist ein interessantes Umfeld und da lohnt sich der freie Blick nach draußen.
Nach den Sommerferien beginnen wohl die Jahrgänge 9 und 10 das Schuljahr im neuen Gebäude. Ihr Rezept für die pünktliche Fertigstellung?
Wir haben mit Klaus Poggemann einen erfahrenen Bauleiter vor Ort und unser Büro liegt nicht 300 Kilometer entfernt, sondern in Hilter. Das zahlt sich aus. Wir haben aber auch Glück gehabt, dass wir nicht von allen Folgen, die die Corona-Epidemie ausgelöst hat, so stark betroffen waren. Die ganz großen Ausfälle gab es nicht. Die Auftragsvergaben waren wegen der Preisentwicklung natürlich etwas schwieriger. Materialknappheit gehörte auch dazu. Das betraf zu Beginn die Kunst und Dämmstoffe. Wir hatten auch stark schwankende Stahlpreise. Aktuell hat sich die Marktlage mit Ausnahme der Haustechnik etwas beruhigt.
Lief dann bei den Kosten etwas aus dem Ruder?
Vom letzten Stand der detaillierten Berechnung liegen wir knapp unter den Kostenansätzen. Etwas Glück gehört natürlich auch dazu. Aber den Betrag, den der Gemeinderat beschlossen hat, den unterschreiten wir wahrscheinlich.
Es gab immer wieder Absprachen mit der Schulleitung, um in besonderen Phasen wie Prüfungen extremen Baulärm zu vermeiden.
Wir haben die einzelnen Firmen so gesteuert, dass sie nicht dann arbeiten, wenn es am meisten weh tut. Da gibt es Ausweichmöglichkeiten, man variiert und geht innerhalb des Gebäudes in andere Bereiche. So auch in Kürze. Wir kümmern uns noch um Brandschutzmaßnahmen im Bestandsgebäude und reißen die Holzdecken ab. Eigentlich war das erst nach den Sommerferien geplant. Das passiert nun im Juli, um Schüler und Kollegium vor Lärm und Staub zu schützen. In Belm hat es gut geklappt miteinander zu reden. Die Lehrer haben auch frühzeitig den kompletten Verwaltungstrakt freigemacht. Überhaupt: So kommen wir schneller vorwärts, als wenn wir uns Raum für Raum durchkämpfen.
Während der Bauphase kam es außerhalb der Unterrichtszeit zu Vandalismus an der Scheibe eines Großfensters und in einem WC-Container. Vom Süden ist das Gelände nicht zu betreten. Sollte der Schulhof an der Nordseite einen Zaun mit schließbarer Pforte bekommen?
Das ist bisher nicht geplant. Da gibt es auch eine klare Meinung im Gemeinderat, dass die Schule nicht hermetisch abgeriegelt wird. Die Sachbeschädigungen betrafen die Anfangsmonate. Später wurde das weniger. Mit Hilfe von Außenbeleuchtung und eventuell einer Kameraüberwachung kann man ausreichend gegensteuern.
Wie können Architekten mit ihrer Arbeit Bildung beeinflussen?
Es gibt ja den Spruch „Das Gebäude ist der zusätzliche Pädagoge“. Sicher kann ein Gebäude helfen, wenn es großzügig, freundlich und offen ist. Aber mehr können wir dafür nicht tun. Der Architekt schafft die Rahmenbedingungen. Das Leben darin, der Unterricht und Umgang miteinander, das sind pädagogische Aufgaben. Wir haben versucht, die neuen Schulen offener zu machen. Dunkle, innenliegende Flure wollten wir vermeiden. Das ist jetzt mit den „Multi-Zonen“ aber auch den Glasscheiben zwischen Klassenräumen und Flur gelungen. Lehrer und Schüler müssen das natürlich tragen und zukünftig mit Leben füllen.
Das Land ist überzogen mit dringend renovierungsbedürftigen Schulen. Längst nicht alle Schulträger engagieren sich so wie die Gemeinde Belm. Ihr Expertenrat für die anderen.
Es ist vordringlich nötig in Bildung zu investieren. Leider kenne ich viele Schulen, bei denen die sanitären Einrichtungen seit 50 Jahren nicht renoviert wurden. Teilweise ist es der Politik gar nicht bekannt, was es dort für Missstände gibt. Bei den Verantwortlichen Belmern dagegen ist das Engagement für die Schulen sehr ausgeprägt.
Vielen Dank für das Gespräch.